Wildbestand erheben
Eine der wichtigsten Aufgaben des Wildmanagements ist, für ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen dem Wildbestand und ihrem Lebensraum zu sorgen. Deshalb ist es wichtig, regelmäßig den Wildbestand zu erheben - dafür gibt es verschiedene Methoden. Diese stellen wir nachfolgend genauer vor.
Für die Erhebung des Wildbestands gibt es verschiedene Methoden
Direktbeobachtung
Bei der Direktbeobachtung führt der Jäger an einem repräsentativen Standort über einen bestimmten Zeitraum hinweg Zählungen durch. Das kann zum Beispiel während des Ansitzens oder auf der Bewegungsjagd stattfinden, aber auch durch die Zuhilfenahme von Wärmebildkameras und Drohnen stattfinden. Die Zählergebnisse werden summiert, so dass sich der Wildbestand relativ genau schätzen lässt.
Insbesondere für Rotwild bietet diese Variante eine relativ zuverlässige Abschätzung des Bestands sowie auch Informationen über das Geschlechterverhältnis. Im Vergleich zu anderen Methoden der Wildbestanderhebung ist diese Methode eine der einfachsten und günstigsten.
Distance Sampling
Bei dieser Variante spielt vor allem die Entdeckungswahrscheinlichkeit bei der Schätzung des Wildbestands eine tragende Rolle. Hierfür wird das Wild rechts und links von Zählstrecken gezählt, darüber hinaus erfolgt eine Messung der senkrechten Distanz zur Zählstrecke. Aus der Verteilung der Distanzen zur Beobachtung und den Zählresultaten können wiederum der tatsächliche Erfassungsbereich - die sogenannte Streifenbreite - errechnet und der Wildbestand entsprechend geschätzt werden.
Diese Methode ist nicht sehr exakt, ermöglicht allerdings eine grobe Schätzung des Wildbestands. Auch sie ist vergleichsweise unkompliziert und relativ preiswert durchführbar.
Fang-Wiederfang-Methode
Bei dieser Variante wird Wild gefangen und mit Markierungen am Körper versehen - das können eine Tätowierung, ein Halsband oder auch eine Ohrmarke sein und dann wieder freigelassen. Die Hochrechnung des Wildbestands erfolgt auf dem Verhältnis von gefangenen und unmarkierten Tieren durch Stichprobenzählungen. Auf diese Weise kann der Bestand grob abgeschätzt werden, allerdings nicht auf allzu großen Arealen. Der Nachteil dieser Methode ist allerdings, dass sie im Vergleich zu anderen kostenintensiver ist und einen höheren Aufwand erfordert.
Losungszählung
Bei der Losungszählung werden über ein festgelegtes Gebiet in regelmäßigen Abständen
spezielle Zählstreifen gelegt. Anschließend werden die Losungen gezählt - deren Anzahl wiederum zeigt, wie viele Rehe unterwegs sind. Diese lösen sich etwa 20 Mal am Tag. Je nach Zerfallsrate der Losung - was auch vom Klima abhängt - lässt sich der Bestand von Rehwild abschätzen. Insbesondere bei Wildarten, die ihren Standort nur selten verändern, wie zum Beispiel Rehwild, ist diese Methode geeignet, zumal sie relativ kostengünstig ist.
Retrospektive Kohortenanalyse
Die sogenannte Kohortenanalyse, die auch Rückrechenmethode genannt wird, arbeitet nach einem speziellen Betrieb: Jegliche Tiere, die innerhalb eines Jahres zur Welt kamen („Geburtskohorte“) werden nach ihrem Tod protokolliert und können so altersbestimmt werden. Nach dem Tod der gesamten Kohorte lässt sich so der Mindestbestand im entsprechenden Geburtsjahr nachträglich erfassen. Unter gewissen Voraussetzungen lässt sich auf diese Weise beispielsweise ein Bestand an Rotwild sehr genau erfassen.
Wird diese Methode konsequent durchgeführt und protokolliert, können dadurch sogar Veränderungen des Rotwildbestands über viele Jahre hinweg aufgezeichnet werden. Die Kohortenanalyse gibt zunächst Einblick auf vergangene Bestände: Je nach Todesjahr und Alter wird das Wild einer Geburtskohorte zugewiesen.
Sobald die meisten Tiere eines Geburtsjahres gestsorben sind, lässt sich die Stärke dieser Geburtskohorte kalkulieren. Sofern ein durch diese Methode ermittelter vergangener Bestand bekannt ist, lässt sich durch die Fortschreibung der seitdem erfolgten Tode eine Berechnung bis in die Gegenwart durchführen. Weiterhin lassen sich dadurch bei der Jagd ehemalige Bestandserhebungen erneut prüfen sowie auch die früheren Dunkelziffer bei der Erhebung des Wildbestands abschätzen. Dies stellt eine hilfreiche Grundlage zur genaueren Abschätzung der derzeitigen Dunkelziffer dar.
Damit die Kohortenmethode möglichst exakt durchgeführt werden kann, ist es wichtig, dass es sich beim Wild um eine möglichst geschlossene Population handelt, bei der es kaum Ab- oder Zuwanderungen gibt. Darüber hinaus sind einige Informationen erforderlich, wie zum Beispiel das Alter sowie das Geschlecht der Abgänge.
Kamerafallen
Bei der Erhebung des Wildbestands werden bei dieser Variante Kamerafallen nach einem gewissen Raster aufgestellt und der Kontakt zwischen dem Wild im entsprechenden Areal sowie den Kamerafallen in Relation zueinander gebracht. Die Schätzung des Bestands basiert unter anderem auf der Bewegungsgeschwindigkeit der Tiere bzw. auf der Strecke, die sie pro Tag zurücklegen, sowie auf der Reichweite und der Kameraperspektive. Auch die Gruppengröße spielt eine tragende Rolle für die Berechnung.
Anhand dieser Variante sind Erfassungen des Geschlechterverhältnisses möglich, allerdings kommt es dabei auch auf den richtigen Standort der Kamera im Revier an. Da für eine möglichst exakte Erhebung des Bestands bei der Jagd mehrere Kamerafallen an verschiedenen Standorten aufgestellt werden müssen, ist diese Methode relativ teuer. Dafür bringt sie allerdings zuverlässigere und genauere Ergebnisse mit sich, wie andere Varianten zur Bestandserhebung.
Fazit: Die Erhebung des Wildbestands ist bei der Jagd auf verschiedene Arten möglich
Die vorgestellten Methoden, mit denen sich der Wildbestand in einem bestimmten Revier messen lässt, sind gängige Beispiele aus der Praxis. Allerdings sollte dabei stets berücksichtigt werden, dass die daraus gewonnenen Informationen stets nur einen Mindestbestand widerspiegeln - nicht aber den exakten Bestand. Welche Variante die richtige ist, hängt einerseits von der Wildart im entsprechenden Revier, andererseits auch von verschiedenen Faktoren, wie der Bewegung oder der Zu- oder Abwanderung der Tiere, ab. Daher sollte die Auswahl der richtigen Methode zur Erhebung des Wildbestand stets mit Bedacht ausgewählt werden.