Wild zerwirken
Die richtige Wildbrethygiene
Die Sicherheit von Lebensmitteln – so auch von Wildfleisch – muss stets gewährleistet sein, weshalb es entsprechende (im Lebensmittelrecht enthaltene) Verordnungen gibt.
Diese besagen, dass nur Lebensmittel in Verkehr gebracht werden dürfen, die nicht gesundheitsschädlich und für den menschlichen Verzehr geeignet sind.
Dies schliesst eine umfangreiche Wildbrethygiene, wie das sorgfältige Überprüfen des Gesundheitszustandes des noch lebenden Tieres inklusive Wildbretbegutachtung, mit ein.
Weitere Einflussfaktoren, die das Wildbret betreffen:
- Vermeidung von Stress für das Wild
- Das Vermeiden von Weidwundschüssen, die die Eingeweide des Tieres zerstören
- Den Schutz des erlegten Wildes vor Verunreinigung und Kontakt mit anderen Tieren
- Das zügige Aufbrechen des Wildbrets
- Bereits verstorbenes Unfallwild, welches nicht zum Verzehr freigegeben werden darf
- Noch lebendes Unfallwild, welches nach dem Tod durch den Jäger erst behördlich untersucht werden muss, bevor es zum Verzehr in den Verkehr gebarcht werden darf
Warum Wildbrethygiene?
Bereits bevor das erlegte Wild fachmännisch zerlegt wird, ist Sorgfalt im Umgang mit dem Wildbret das Wichtigste, um eine Kontamination mit Schmutz und Krankheitserregern so gut wie möglich zu vermeiden.
Die richtige Wildbrethygiene beginnt daher schon vor dem eigentlichen Schuss. Denn nur, wenn der erste Blattschuss ein tödlicher Schuss ist, das Tier also nicht nur angeschossen ist und schwer verletzt flieht, ist von einem sauberen Schuss die Rede. Ein rasches Aufbrechen des Wildkörpers gehört selbstverständlich ebenfalls zur korrekten Wildbrethygiene. Ansonsten kann es innerhalb weniger Stunden zu einer rasanten Vermehrung gesundheitsschädlicher Bakterien kommen.
Das Aufbrechen vor dem Zerwirken
Innerhalb der ersten beiden Stunden nach dem Erlegen des Wildes wird das Wild aufgebrochen. Je höher die Aussentemperaturen, desto schneller muss das Wild geöffnet werden. Auch dies ist Teil einer sorgfältigen Wildbrethygiene. Denn ansonsten könnten sich die Darmbakterien innerhalb kurzer Zeit einen Weg in das Muskelfleisch des Tieres bahnen. Zudem kommt es nach dem Tod des Tieres zu Gärungen im Verdauungskanal, wodurch sich vermehrt Gase bilden und Fäkalien sowie Verdauungssäfte in die Körperhöhle gelangen können. Da Schalenwild (eine Ausnahme bietet Schwarwild) Wiederkäuer sind, könnte sich sogar der Panseninhalt in die Körperhöhle ergießen.
Erst die Reifung, dann das Zerwirken
Die Reifung von selbst jungem Wild ist notwendig, damit das Fleisch später zart und damit überhaupt geniessbar ist. Das ausreichend lange Abhängen vor dem Zerwirken ist also ein wichtiger Teil des Verarbeitungsprozesses.
Wird das zu zerlegende Wildtier vor dem tödlichen Schuss bwispilesweise durch Jagdhunde gehetzt, entsteht für das Tier eine Stresssituation, bei der die körpereigenen Glycogenreserven des Tieres nahezu aufgebraucht werden. Der möglichst unmittelbare und korrekt durchgeführte, sofort tödliche Schuss ist somit also Teil und Voraussetzung für die einwandfreie Wildbrethygiene. Denn dieses Glycogen wird ausserdem dringend für die Reifung des Wildbrets benötig. Während der Reifung findet ein Glycogenabbau zu Milchsäure und damit eine Senkung des pH-Wertes statt, welche zusätzlich eine keimhemmende Funktion ausübt. Daneben werden durch diesen „Reservezucker“ spezielle Enzyme aktiviert, welche die Aufspaltung bestimmter Eiweissmoleküle und damit eine Lockerung der Muskelfasern fördern.
Die Zerlegung in grobe Einzelteile
Nach der Reifung, die bei Rehwild bis zu 48 Stunden, bei kräftigerem Rot- und Schwarzwild sogar bis zu 96 Stunden dauern kann, wird das Wildbret in folgende, grobe Einzelteile zerlegt, also „zerwirkt“, wie dieser Vorgang in der Fachsprache genannt wird:
- Innenfilets
- Hinterläufe bzw. Keulen (Ober- und Unterschale)
- Vorderläufe bzw. Blätter
- Rücken
- Seitenteile inklusive der Rippen
- Hüfte
- Nuss
Durch das fachmännische Zerwirken in seine Einzelteile kann das Wildbret entsprechend portioniert zubereitet und/oder eingefroren werden.
Die richtige Ausrüstung
Um das Wild fachgerecht zerwirken zu können, benötigt man eine einwandfreie Ausrüstung:
Seil mit S-Haken
Das getötete Wild sollte idealerweise mit dem Haupt nach unten hängend, aufgebrochen werden. Hierfür ist meist ein Seil nötig, welches mit einem S-Haken (drehbarer Fleischerhaken) versehen ist. Für sehr kräftige Tiere mit hohem Gewicht kann allerdings unter Umständen auch ein Flaschenzug vonnöten sein.
Aufbruchschere , Säge , Messer bzw. Messerset
Während das Messer zum Schneiden an der Drossel und natürliche auch beim Ringeln sowie beim Öffnen des Bauchraums wertvolle Dienste leistet, wird die Säge zum Öffnen des Brustkorbs benötigt.
Schürze , Schuhschoner , Ärmelschoner, Haarnetz & Desinfektionsmittel
Schützende Kleidung und eine gründliche Desinfektion vor dem Eintritt in die Wildkammer sind für die Hygiene unerlässlich.
Ein Schnittschutzhandschuh schützt vor Verletzungen, erleichtert einen festen Griff und kann zudem problemlos gereinigt und immer wieder benutzt werden.
Wer aus manchen Teilen wie Schultern und Bauchmuskeln Hackfleisch herstellen möchte, sollte sich unbedingt einen Fleischwolf mit extra grosser Einfüllschale zulegen. Neben den klassischen Modellen mit handbetriebener Kurbel gibt es mittlerweile auch elektrische Modelle, mit denen das Wolfen in Minutenschnelle geht.
Zum Einfrieren in fachgerechte Portionen kann ein Vakuumiergerät gute Dienste leisten. Es erleichtert nicht nur das sekundenschnelle Verschliessen der Gefrierbeutel , sondern verpackt den Inhalt auch absolut luftdicht. So bleiben wertvolle Inhaltsstoffe einschliesslich typischer Aromen von Wildbret sicher erhalten. Das Vakuumieren mit dem Vakuumiergerät ist ausserdem der beste Schutz gegen den gefürchteten Gefrierbrand.
Weiteres Equipment zum Zerwirken
Um das Gewicht der einzelnen Teile genau angeben zu können, muss ausserdem eine ausreichend grosse Waage vorhanden sein.
Schleifgeräte für die Messer sowie Rippenauslöser sind ebenfalls unerlässliche Utensilien, wenn es um ein fachgerechtes Zerlegen von Wildbret geht.
Auch eine abwaschbare Fleischerschürze ist empfehlenswert, denn beim Zerlegen geht es natürlich nicht ganz unblutig zu.
Fest steht: Mit dem richtigen Equipment ist das Zerwirken von Wild wesentlich leichter, sauberer und effektiver durchzuführen. Wer hier spart, anstatt sinnvoll in seine Ausrüstung zu investieren, spart eindeutig am falschen Ende.
Fazit:
Vom ansprechen des Wildes, über den abgegebenen Schuss, bis hin zum Zerwirkens ist die Wildbretverarbeitung vom Können des Jägers abhängig.
Zusammengefasst, spielen also folgende Punkte eine wesentliche Rolle für den sicheren Genuss von selbst zerlegtem Wildfleisch:
1. Das Einhalten der Regeln zur Wildbrethygiene, unter anderem also die
Gesundheit des erlegten Wildes sowie die optimale Trefferlage (Blattschuss statt Eingeweideschuss),
2. eine ausreichende Reifezeit
3. ein einwandfreies Funktionieren der Ausrüstung und das fachmännische Zerlegen des Wildkörpers