10 Blattjagdempfehlungen zur Rehbrunft
1.Damit ein Bock springen kann, muss auch einer da sein
Das ist die erste, und wichtigste Grundvoraussetzung, damit ein Bock springen kann, muss auch einer da sein. Im Idealfall natürlich gleich mehrere. In Revieren mit einer geringeren Rehwilddichte, wie wir sie zum Teil in den südlichen Bundesländern unseres Nachbarlands Deutschland vorfinden, insbesondere in stark forstlich geprägten Revieren, kann der Jäger noch so perfekt blatten, es wird kein Bock springen, weil schlicht und einfach keiner (mehr) da ist. Aber auch in Revieren mit guten Rehwildbeständen, wird durch einen zu starken Eingriff bei den Böcken im Mai/Juni das Brunftverhalten stark beeinflusst. Wer dem ersten Mai entgegen fiebert, um auf seine guten Böcke zu jagen, wird zur Blattzeit selten noch reife Böcke
im Revier haben. Denn was schon tot ist, kann nicht mehr springen auf`s Blatten.
2.Weibliches Rehwild konsequent bejagen
Das Geschlechterverhältnis im Revier ist Matchentscheidend für eine erfolgreiche Blattjagd. Ist dieses stark zu Gunsten des weiblichen Rehwilds verschoben, wird der Waidmann mit Blatten nur jüngere Böcke vor die Büchse bekommen. Das ist nach meiner Erfahrung dann der Fall, wenn auf jeden mehrjährigen Bock 4 bis 5 Geissen oder mehr kommen. Heisst für mich im Umkehrschluss, dass der Blattjagdjäger im Mai unbedingt die Schmalrehe zu den Jährlingen mitbejagen sollte. Auch im Herbst soll beherzt beim weiblichen Rehwild eingegriffen werden, wer nur Kitze erlegt, wird irgendwann nur noch sehr erfahrene Geissen im Revier haben, die schwierig zu bejagen sind und gleichzeitig riesige Territorien beanspruchen. Nach Möglichkeit
sollte am besten immer die Kitze mit der Geiss dazu erlegt werden. Ich bin mir aus der Erfahrung sicher, wenn das Biotop passt, steht im nächsten Frühling da wieder eine junge Geiss mit Kitz ein.
3.Blatten zu Hause üben
Heute werden die Töne der brunftigen Geiss oder des brunftigen Schmalrehs meist mit einem instrumentenähnlichen Hand – oder Mundblatter imitiert. Traditionell wurden sie jedoch mit einem Buchenblatt oder einem Grashalm nachgeahmt. „Der Rehbock springt auf das "Buchenblatt“. Dadurch hat sich so im Laufe der Zeit der Begriff der Blattjagd in der Jägersprache etabliert. Mit den heutigen künstlichen Blattinstrumenten ist es, um einiges einfacher Fieptöne zu imitieren, als mit den Naturblättern. Aber auch der beste Musiker, muss viel auf seinem Instrument üben, damit er es perfekt beherrscht. Für uns Jäger gilt ähnliches, wer Ende Juli irgendwo den verstaubten Blatter im Jagdschrank sucht, hat ihn wohl zu Letzt im letzten August benutzt. Übung unter dem Jahr, schadet keinem, warum mal nicht mit den Kindern im Wohnzimmer Tierstimmen imitieren und das Blatten gleich mit üben. Oder legen sie sich einen Blatter ins Auto, so kann der ambitionierte Blattjäger auch unter dem Jahr, sei es im Stau, an der Ampel oder ähnlichem üben. Übung gibt uns Sicherheit und den Mut später auch laut zu blatten.
4.Den Zeitpunkt richtig wählen
Die Hauptbrunft des Rehwildes dauert von etwa Mitte Juli bis Mitte August. Je nach
geographischer Lage (Höhenlage) ergeben sich zeitliche Verschiebungen. In höheren Lagen liegt länger Schnee, die Vegetation wächst später, die Brunft und der Setztermin sind dem Biotop angepasst zeitlich nach hinten geschoben. Doch Rehbrunft ist aber nicht gleich Blattzeit, denn während der Hauptbrunft, meist Ende Juli/Anfang August, haben wir kaum Chancen, dass Böcke auf das Blatten springen, geschweige denn, reagieren. Die Geissen riechen in dieser Zeit einfach zu gut und werden von den Böcken nicht verlassen. Erst gegen Ende der Brunft, wenn es kaum mehr brunftige Geissen gibt, beginnen die noch immer hoch im Hormonspiegel stehenden Böcke neu zu suchen. Wenn wir Böcke im Revier sehen, die wie
Schweisshunde mit dem Windfang am Boden nach den Fährten der Geissen suchen, beginnt die richtige Zeit des Rufjägers, die Blattzeit.
5.Wetter ist mitentscheidend
Das Wetter, respektive der Einfluss der aktuellen Witterung ist nicht zu unterschätzen. Ist es eher warm, springt der Bock am besten am frühen Morgen und am späten Abend. Sind es richtig heisse Sommertage, verlagert sich das Brunftgeschehen meist in die zweite Nachthälfte und der Blattjäger hat nicht viel auszurichten. Helle Vollmondnächte verstärken diese Nachtbrunft zusätzlich. Ist es jedoch regnerisch und bewölkt, sind die Böcke den ganzen Tag aktiv, vorausgesetzt, es geht nicht zu viel Wind. Aber am aller besten ist es meinen Erfahrungen nach, wenn es schwül-warm ist mit leicht bedecktem Himmel, idealerweise kurz vor oder kurz nach einem Sommergewitter.
6.Standort zum Blatten richtig wählen
Revierkenntnisse sind hier ganz wichtig. Am besten ist es, wenn der Jäger seine Böcke kennt, welche er bejagen will und weiss, wo sie im Frühjahr geplätzt haben. So kann er erahnen, in welchen Einständen sie ruhen. Auch andere Zeichen, wie Fegestellen deuten nicht nur auf einen Bock hin, sondern sehr oft auch darauf, dass zwei oder gar noch mehr Territorien zusammenkommen. Ich wähle meine Stände dann nach Übersicht, Deckung, Kugelfang und Hauptwindrichtung aus, wobei sie ca. 100- 150m entfernt von den Einständen sind. Alte Böcke umschlagen sehr gerne und holen sich Wind, dies sollte man bei der Wahl des Schussfeldes dringend berücksichtigen. Auch wird ein reifer Bock nur ganz selten ins „helle“ springen,
dunkle Plätze, zum Beispiel in einem Altholzbestand mit dichtem Kronenschirm sind dadurch zu bevorzugen.
7. Tarnung ist das A und O
Da es sich bei der Blattjagd um eine Ruf- oder Lockjagd handelt, kommt das Wild für die meisten Jäger ungewohnt, meist direkt und auf uns zu. Böcke können die Stelle von der aus gefiept wurde, je nach Geräuschkulisse, erstaunlicherweise aus mehreren 100 m Entfernung auf den Punkt genau orten. Mit allen Sinnen dorthin orientiert nähern sie sich uns, manchmal zügig direkt im Sprung, manchmal zögerlich vorsichtig umschlagend, aber sie wollen alle genau zu der Stelle wo der Lockruf herkam. So ist es unumgänglich, dass der Bock uns nicht als Mensch erkennt. Folglich ist es von grosser Bedeutung, dass wir unseren Stand, aber auch uns
selbst tarnen, am besten so, dass sich unsere Konturen mit dem Hintergrund vermischen. Insbesondere Hände und Gesicht sollten nicht mehr als hautfarbener Kontrast zu erkennen sein. Daher unbedingt
Handschuhe
und eine
Gesichtsbedeckung
tragen.
8.Nicht nur Fieptöne locken
In vielen Youtube-Lehrfilmen, aber auch in mancher Fachliteratur liest der Jäger oft, er solle nach einnehmen des Blattjagdstandes unbedingt eine Wartezeit von zehn bis fünfzehn Minuten verstreichen lassen. So kehre in der Umgebung wieder etwas Ruhe ein und erst danach solle man mit den ersten Fiepserien beginnen. Ich habe aber mehrmals festgestellt, dass diese Wartezeiten nach dem lautlosen Einrichten auf dem Stand in den meisten Situationen nix bringen. Im Gegenteil, durch das zwar möglichst leise herantreten des Jägers an den Stand, weckt er die Neugier des Bockes mit erhöhtem Hormonspiegel, denn das eine oder andere knackende Ästchen oder raschelnde Laub, das meist trotz Pirschweg nicht vermieden werden kann, könnte ja auch von einer Geiss verursacht worden sein. Ist dieser Bock auf der Suche, genügt nun häufig schon ein einzelner leiser Fiepton und der Bock springt.
Eine Wartezeit würde hier nur zum Spannungsabbau führen. Liegt der Bock hingegen
abgebrunftet im Dickicht, sind schon aufwendigere und auch laute Blattserien von Nöten. Hier zeigt sich nun, wer Zuhause fleissig geübt hat und den Umgang mit dem Blattinstrument beherrscht. Auch ein Plätzen oder Schnauben kann hier hilfreich sein, um den erfahrenen Recken zu locken.
9.Geduld bringt „Rosen“
Wenn man es schon ein paar Mal erlebt hat, dass wie oben beschrieben, der Bock gleich in den ersten Minuten oder sogar Sekunden springt, gehen viele Jäger fortan in der Annahme auf den Blattjagdstand, das dies wieder passiert und eigentlich Standard ist. Doch dem ist nicht so. Oft macht sich dann Ernüchterung, manchmal auch Enttäuschung breit, wenn nach einer dreiviertel Stunde und der dritten Fiepserie nichts springt. In dieser Situation dann schussbereit und hoch konzentriert zu bleiben, ist für mich oft das schwierigste an der Blattjagd. Doch genau so viel mal, wie ich es erlebt habe, das der Bock früh springt, konnte mach Gast an meiner Seite, der mich schon zum Standwechsel motivieren wollte, noch einen Bock mehr als eine halbe Stunde nach meiner letzten Fiepserie erlegen. Oft sind es die alten, misstrauischen Böcke, die sich dann späht noch zeigen. Es lohnt sich wirklich, nach dem letzten Fiepen noch 30-40 Minuten geduldig zu warten.
10.Wann blatte ich nicht?
Es gibt eigentlich zwei Situationen bei der Blattjagd, da sollte der Blatter stumm bleiben. Zum einen ist das beim zustehenden Bock, sprich wenn der Bock sichtbar zu uns unterwegs ist. Hier sollte man das Fiepen einstellen und erst dann wieder mit dem „Rehrufen“ weitermachen, wenn der Bock verhofft. Anderweitig kann er misstrauisch werden. Die zweite Situation ist ein abspringender Bock. Hat der Bock den „Fake“ bemerkt und uns als Gefahr war genommen, auf keinen Fall nachblatten und ihn versuchen zu wenden. Wer einem Bock nachblattet, riskiert, dass dieser für diese Saison nicht mehr auf die Imitationsrufe des Jägers springt, vielleicht sogar sein ganzes Rehleben nicht mehr.